Französische Rafale-Jets patrouillieren am 4. März im polnischen Luftraum. Die Einrichtung einer von vielen geforderten Flugverbotszone über der Ukraine lehnt die Nato ab.

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Dass die Betroffenen und jene, die mit ihnen hoffen und bangen, von der Nato die Einrichtung einer Flugverbotszone verlangen, ist menschlich allzu verständlich – aber dass das nicht nur ein direktes Nato-Eingreifen in den Krieg, mit allen Folgen, sondern auch eine riesige und anspruchsvolle Militäroperation bedeuten würde, ist ebenso klar. Die Beispiele für Flugverbotszonen aus der Vergangenheit taugen politisch nur bedingt zum Vergleich, aber was das Erzwingen eines Flugverbots militärisch heißt, illustrieren sie gut.

Das deklarierte – denn nicht immer bleibt es dabei – Ziel einer Flugverbotszone ist in der Regel der Schutz der Zivilbevölkerung. Das war in Libyen im Jahr 2011 nicht anders, als es heute in der Ukraine wäre. Der angesprochene Unterschied ist, dass es sich in Libyen – wie auch zuvor im Irak – um das Territorium und den Luftraum eines Staates handelte, der seine eigene Bevölkerung bekämpfte. In Libyen war im Februar 2011 jener Aufstand ausgebrochen, der zum Sturz des Regimes von Muammar al-Gaddafi führte – wozu das militärische Eingreifen von außen zweifellos beitrug. Das bedeutete einen rechtlichen Graubereich.

Am 17. März 2011 verabschiedete der Uno-Sicherheitsrat in New York die Resolution 1973 zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung, mit den Enthaltungen Russlands und Chinas (und anderer, unter anderem Deutschlands, was hochumstritten war). Hatten Moskau und Peking den Uno-Anspruch "responsibility to protect" prinzipiell akzeptiert, so führte der Verlauf der Operationen in Libyen jedoch dazu, dass sie sich geradezu geprellt fühlten. Der internationalen Legitimität des Schutzprinzips tat das nicht gut.

"Andere Operationen" auf "zweiter Ebene"

Die Nato, mit Frankreich und Großbritannien im Führersitz, übernahm die Umsetzung der Flugverbotszone, mit Beteiligung der Nicht-Nato-Staaten Schweden, Vereinigte Arabische Emirate und Katar. Tausende Ziele wurden im Rahmen dieses Mandats angegriffen, vor allem die libysche Luftwaffe. Unter den kritischen Augen des Nato-Mitglieds Türkei bildete sich jedoch eine "zweite Ebene", auf der einzelne Nato-Staaten "andere Operationen" durchführten – die wohl vom engen Uno-Auftrag nicht gedeckt waren und zum Sturz des Regimes entscheidend beitrugen. Mit der Tötung Gaddafis durch Aufständische im Oktober 2011 wurde die Operation beendet, sie dauerte demnach sieben Monate.

Im Irak wurden Flugverbotszonen im Norden und Süden des Landes 1991 beziehungsweise 1992 eingerichtet, sie blieben bis 2003 aufrecht. Der Anlass waren Aufstände nach dem Golfkrieg, die Saddam Hussein gewaltsam niederschlug. Die Einrichtung der Flugverbotszonen stützte sich indirekt auf eine Uno-Sicherheitsratsresolution, die rechtliche Grundlage blieb jedoch stets umstritten.

Um die Kurden im Norden vor Saddam zu schützen, handelten die USA, Großbritannien und Frankreich im März 1991 relativ rasch. Im Süden ließ man sich bis Sommer 1992 Zeit: Da hatte das irakische Regime ausreichend Zeit zum Wüten – was gut zeigt, dass es eben nicht nur um den Schutz der Zivilbevölkerung ging. Klar ist auch, dass die USA vor ihrer Irak-Invasion 2003 die Flugverbotszone im Süden für ihre Kriegsvorbereitungen nützten. Die US-Einsätze stiegen um bis zu 300 Prozent.

35.000 Einsätze pro Jahr

Der Aufwand und die Kosten der Aufrechterhaltung der Zonen waren so hoch, dass man davon sprach, dass "in den No-fly-Zonen der Irak die USA" entwaffnete, nicht umgekehrt. Die Rede ist von ungefähr 35.000 geflogenen Einsätzen pro Jahr. Der Krieg 2003 wurde wohl auch geführt, um das zu beenden.

Flugverbotszonen gab es auch während des Kriegs in Bosnien, in einer ersten Stufe als prinzipielles Flugverbot für Militärflugzeuge, das nur beobachtet wurde. Daraus entstand jedoch ein Mandat zur Umsetzung. Bei den entsprechenden Uno-Resolution 1992 und 1993 stimmte auch noch Russland zu, eine Enthaltung kam von China. (Gudrun Harrer, 7.3.2022)